Wenn der Versicherungsnehmer einen Versicherungsvertrag abgeschlossen hat, ohne die versicherungserheblichen Tatsachen kundzutun, wird auf der Seite des Versicherers Kündigung des Versicherungsvertrages gem. §651 kHGB gerechtfertigt. So wird der Versicherungsnehmer rechtlich gezwungen, versicherungserhebliche Tatsachen anzuzeigen, aber trotzdem ist dies nie eine durch den Versicherungsvertrag begründete Verpflichtung im rechtswissenschaftlichen Sinne, sondern eine Obliegenheit. Somit kann der Versicherte beim Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers nicht immer Ersatz seines Schadens nach §750 kBGB in Anspruch nehmen, da dieser rechtliche Anspruch das Vorliegen ihrer eigenen Tatbestandsmerkmale verlangt. Unter besonderer Berücksichtigung des Charakters des Strafgesetzes als ultima ratio, ist die Nichterfüllung der Anzeigeobliegenheit des Versicherungsnehmers, die sogar zivilrechtlich unsanktioniert bleibt, zwar in dem Sinne, dass sie nicht einmal eine Schadensersatzpflicht des Versicherungsnehmers begründet.
Der Kern des Unrechtsbewertung der Betrugsverhalten liegt darin, dass bei einem strafrechtlichen Betrugsdelikt der Täter mit einem betrügerischen Absicht jemanden anders dahingehend täuscht, als ein Irrtum bei dem Opfer entsteht, worunter es über sein Vermögen verfügt, das gerade der Vermögensvorteil des Täters oder eines Dritten wird. So muss der Täter mehr als blosse Lügen gemacht haben: Er muss -in einem von wissenschaftlicher Präziseheit in der juristischen Terminologie abgesehenen, alltäglichen Sinne- „habgierig“ gehandelt haben. Somit wird bei einem Betrugsdelikt im strafrechtlichen Sinne ein betrügerischer Absicht erforderlich, zwar ausnahmslos.
Da die jeden oben erläuterten Elementen objektive Tatbestandsmerkmale eines Betrugsdeliktes sind, so richtet sich der Vorsatz des Täters nach solchen objektiven Elementen.
Zur Anerkennung des Betrugsvorsatzes reicht dolus eventualis aus, muss der Täter, also, das Ergebnis billigend in Kauf genommen haben, zwar mit einer einigermaßen hocher Wahrscheinlichkeit, dass das Opfer eine sich benachteiligende Vermögensverfügung vornehmen könnte.
In dem besprochenen Fall hat der Beklagte geglaubt, dass der Versicherte von der früheren Krebserkrankung vollkommen genesen wäre. Seine Überzeugung kann m. E. dadurch gerechtfertigt, dass der Versicherte schon seit der letzten ärztlichen Untersuchung als gesund beurteilt gewesen ist, die vor achtundfünfzig Monaten durchgeführt wurde. Darüber hinaus verdient m. E. die Vorstellung des Beklagten die Zustimmung der Allgemeinheit, da der Versicherte eine nach —wiederum m. E.— rationaler Beurteilung für eine genug lange Zeit gesund geblieben ist. Somit müßte m. E. sicher unter Frage gestellt werden, ob wirklich wahrscheinlich ist, dass der Beklagte beim Vertragsschluss die mögliche Todesfolge des Versicherten vorgesehen hatte. Obwohl der Beklagte seiner Anzeigeobliegenheit nicht nachgekommen sei, ist nicht nur seinerseits das Vorliegen eines Irrtums anzuerkennen, sondern auch, das Verhalten scheint, immer im Rahmen der sozialen Duldbarkeit zu bleiben.
Auch die Tatsache, dass der Versicherer nach einer sorgfältigen, fünf Monate lang angehaltene Prüfung Versicherungssumme ausgezahlt hat, sagt dafür, dass in dem Verhalten des Beklagten ein zivilrechtliches, Schadensersatzpflicht begündendes Delikt nicht vorliegt.
Nicht zu tragen ist, ein Verhalten, welches nicht als eine unerlaubte Handlung im zivilrechtlichen Sinne angesehen wird und somit niemals eine —wiederum zivilrechtliche— Sanktion rechtfertigt, unter Anwendung der Vorschriften über Betrug strafrechtlich zu bestrafen. Dies ist m. E. ein schwerer Verstoß gegen das ultima-ratio-Prinzip des strafrechtlichen Sanktionen.
Als Ergebnis, könnte zwar das Verhalten des Beklagten eine Verletzung seiner Anzeigeobliegenheit darstellen, kann jedoch nicht unter Betrug im strafrechtlichen Sinne fallen, da sich hier eine Täuschung mit betrügerischem Absicht nicht finden läßt.