Schellings Abhandlung, Philosophische Untersuchungen über das Wesender menschlichen Freiheit und die damit zusammenhängenden Gegenstände(1809), richtet gegen die Kritik, seine Identitätsphilosophie sei bloß einPantheismus, der keinen Platz für menschliche Freiheit anbiete. Er versuchtnun hier ein System zu begründen, in welchem Geist und Natur in Gottvereinbart sind. In diesem System ist auch die Freiheit der Menschen begründet,weshalb das System und die Freiheit nicht unkompatible sein sollen.
Schelling deutet Freihiet als das Vermögen, das nicht nur das Gute zu begehrenund tun, sondern auch das Böse. Damit erreicht Schellings Theorieihren eigentümlichen Höhepunkt in der Philosophiegeschichte, die bisherdas Problem des Bösen vernachläßgt hat. Das Böse ist nun als ein positiverBegriff sogar notwendig für die Möglichkeit der Freiheit. Dank dieserZwiefältigkeit sowohl zum Guten, als auch zum Bösen eigentlich ist derMensch frei, obwohl er als ein Geschöpf vom Gott im ganzen System notwendigverbunden ist.
Die hier vorliegende Arbeit möchte untersuchen, wie der Freiheitsbegriffbei Schelling als Möglichkeit zum Bösen bestimmt wird, und ob dieseBestimmung gerechtfertigt werden kann. Zu diesem Zweck muss zuerst dasin Freiheitsschrift erläuterte System analysiert und rekonstruiert werden. Erstdanach wird es sichtbar, ob und wie Schellings Philosophie eine überzeugendeErklärung über die Freiheit und das Böse anbiete. Zugleich aber wird esdeutlich, dass in Schellings Theorie die Verantwortlichkeit des Menschen,die den eigentlichen Kern der Moral bildet, nicht beim Menschen selbst,sondern im System zu suchen ist.